Sonntag, 3. Mai 2015

Schadenfreude ist auch eine Freude ...

... oder Hochmut kommt oft kurz vor dem Fall in weitere Tiefen


Neues vom neuen Nachbarn eine Etage unter uns:

Gestern waren Jürgen und ich vor dem Weg zum Stall in der Stadt einkaufen, weil wir noch ein paar Papiere beim Jobcenter-Briefkasten vorbei bringen mussten.

Als wir nach Hause kamen, sprach uns wieder der neue Mieter an, der am 1. April hier unter uns eingezogen ist und in der Zeit ja schon zweimal hier oben war, um sich zu beschweren, uns dann bei der Hausverwaltung angeschissen hat, wir würden hier mitten in der Nacht immer Wäsche waschen und wohl auch mit dem Rest der Leute um sich herum nicht wenig Theater gemacht zu haben scheint, wie wir aus dem gestrigen Gespräch genau entnehmen konnten.

Er tat nett, denn der hat eine mehr als komische Art, einem auf den Sender zu gehen.

Nur wenn mich einer nett Du Arschloch nennt und mich dabei anlächelt, hat er mich dennoch Du Arschloch genannt und ich muss deshalb auch nicht zurück lächeln. Ich bin ja nicht komplett blöd im Kopf und begreife in jeder Ausdrucksweise, wenn mir einer an die Wäsche will und Streit sucht. Und wer Streit sucht, der kann ihn mit mir auch haben, so ist das nunmal.

Ich hatte ja nun dem Hausmeister erzählt, dass ich Wäsche nie nachts, sondern grundsätzlich morgens wasche, und das auch nicht täglich und ansonsten abends oft bis ca. 1.30 Uhr gemeinsam mit Jürgen am PC hocke, wir uns im Schlafzimmer dann noch gar nicht aufhalten, aber schon gelegentlich vom Wohnzimmer ins Bad zur Toilette oder in die Küche gehen.

Das ist wohl so auch an die zwei weitergegeben worden, denn das habe ich dem Gespräch gestern entnommen. Ich habe nicht ohne was dabei gelernt zu haben irgendwann im Studium mal ein Semester Gesprächsführung nach Rogers gehabt und auch begriffen und filtere Gespräche entsprechend, wenn ich das Gefühl habe, ich sollte das tun.

Die beiden haben also eine Tochter, die schon zur Schule geht. Sie haben bis jetzt in einem gemieteten Halbhaus in einer ruhigen Gegend gewohnt und mussten hierher, weil das Jobcenter das von ihnen verlangt hat. Keiner von beiden scheint zur Zeit zu arbeiten.

Der Mann dürfte an die 3 - 4 Zentner wiegen, er ist noch dicker als es mein-Ex-Mann war und der wog ca. 140 kg. Das Paar ist relativ jung. Ich würde sagen, zwischen 30 und Mitte 30.

Jürgen und ich schätzen ihn von der Art zu reden so ein, dass er vermutlich bisher als Bauarbeiter tätig war ... eher kein Maler, Gärtner oder Klempner und auch kein Angestellter mit einem kaufmännischen Beruf, ganz sicher niemand, der studiert haben könnte. Vermutlich hat er recht gut auf dem Bau verdient und seine Frau war bisher Hausfrau und konnte sich in aller Ruhe um die Tochter kümmern. Er wird genug verdient haben, um mit dem ALG I noch über die Runden gekommen zu sein, ohne dass die Familie in allzu große Not geraten ist, aber das Jahr ist nun rum und er hat noch keinen neuen Job finden können. Das ist alles ja nicht schlimm. Es leben sicher viele Menschen mit einem ähnlichen Hintergrund und sozialen Abstieg hier auf der Ecke.

Schlimm ist die Art, wie sich dieser Mann über die anderen Menschen hier stellt und sich für was Besseres, alle anderen hier aber offensichtlich für Abschaum hält, uns ganz sicher inbegriffen, auch wenn er das nicht gesagt hat .. man hörte es aber raus.

Er hat unter anderem gestern behauptet, dass sein Nachbar eine Treppe hoch gegenüber, also schräg unter uns, ihm hier im Haus schon so begegnet wäre. Ich möchte das mal zitieren, denn das stammt nicht von mir: "Der hatte sich die Hosen voll geschissen und lief so durchs Treppenhaus."  Ich kenne den Mann, den er meint, nun schon etliche Jahre. Er hat eine feste Freundin und hat früher einige Jahre nachts die Kieler Nachrichten ausgetragen, hat diesen Nebenjob aber vor einer Weile verloren, weil in seiner Ecke inzwischen zu wenig Abbonenten waren, denn viele sind abgesprungen, de die Kieler Nachrichten inzwischen online lesen und nicht mehr als gedrucktes Blatt, das ausgetragen werden muss. Er ist ein wenig schrullig, schon älter, aber in meinen Augen recht nett. Das ist seine Freundin auch. Ich kann mir deshalb auch nicht vorstellen, dass er dem neuen Nachbarn in diesem Zustand begegnet sein könnte. Mir ist er ja auch noch nie so begegnet, und ich wohne hier nun schon über 7 Jahre. Auch Jürgen hat ihn so noch nie erlebt, sondern immer ganz normal.

Dann hat er gesagt, dass es hier im Haus so stinken würde. Besonders viel Gestank würde aus der Wohnung unseres geistig behinderten Pärchens im 1. Stock kommen. Er wusste auch, dass der Mann momentan schwer krank ist und im Krankenhaus liegt, weshalb Jürgen und ich uns echte Sorgen um ihn machen. Er kam ganz plötzlich mit einer fiesen Infektion eines Zahns in die Klinik und ist auch noch nicht wieder zu Hause. Seine Frau sagt, er hat ganz grauselige Schmerzen, die sich bis zu einem Auge hoch ziehen. Auch diese beiden kennen wir nun schon sehr lange. Die junge Frau geht brav jeden Tag zur Lebenshilfe und macht da ihre Arbeit. Ihr Mann hat das auch lange getan und ist nun Rentner, denn die Behinderten, die in der Lebenshilfe gearbeitet haben, bekommen sehr früh in jungen Jahren schon Rente. Er trägt treu und brav normalerweise jeden Mittwoch und Samstag den Kieler Express aus, und das in Schellhorn, was eine echte Weltreise zu Fuß mit den schweren Werbezeitungen ist. Das tut er, damit es ihm und seiner Frau ein bisschen besser geht. Für zwei Menschen, die aufgrund einer geistigen Behinderung in unserer Gesellschaft kaum Chancen haben, leben diese beiden sehr vernünftig und sind ausgesprochen fleißig. Außerdem sind sie wie viele Menschen, die geistig behindert sind, ganz besonders liebenswürdige nette Menschen und immer freundlich. Die junge Frau hat zwei Meerschweinchen, um die sie sich ganz liebevoll kümmert. Ich weiß, dass sie diese Tiere pflegt und regelmäßig sauber macht. Ich treffe sie ja oft und sehe, dass sie Sägespäne nach draußen bringt oder für ihre beiden Tierchen einkaufen war. Sie nimmt sie auch manchmal mit in den Garten.

Wenn hier jemand kocht, riecht man das oft, na und? Manche unserer Nachbarn lieben offensichtlich Zwiebeln und Knoblauch, auch das riecht man im Treppenhaus, na und? Es kann doch jeder kochen, was er will.

Da er es nun weiß, hört er nun morgens die Waschmaschine bei mir .. und soooo laut! Ich habe gesagt, er hätte die alte ja nicht kennengelernt, die viel lauter war, denn die war kaputt. Diese hätte ich neu und die wäscht vollkommen normal, funktioniert ja einwandfrei.

Und wir trampeln ja beide immer so laut in der Wohnung rum und oh wie schrecklich, neulich hätte er gehört, dass ich folgendes gerufen hätte: "Spatzi, kann Du bitte mal kommen?" Er meinte, was für Schuhe wir denn tragen und als ich sagte, gar keine, wir laufen hier auf Socken, immer .. oh dann müssten wir uns aber schalldämpfende Hausschuhe besorgen und die nach 10 Uhr abends auch anziehen, damit wir leiser laufen, sie würden ja unten wahnsinnig wegen dem Lärm in unserer Wohnung.

Ich habe dem guten Mann gesagt, dass ich weiß, dass ich 2 Zentner schwer bin, aber er sei ca. doppelt so schwer wie ich, ob er sich vorstellen könnte, dass die Nachbarn unter ihm ihn auch hören. Ich habe ihm auch gesagt, als über uns noch Maria mit ihrem japanischen Freund und ihrem kleinen Sohn gewohnt hätte, hätte es sich zuweilen angehört, als ob oben eine Herde Elefanten rennt. Aber das sei nur ein kleiner Junge gewesen, der allein oder vielleicht auch mal mit einem Freund dort gespielt hätte. Es sollte ihm klar sein, dass seine Tochter, wenn sie spielt, nach unten genauso laut zu hören sei. Ob er denn wollen würde, dass dann ständig einer hoch kommt und sich beschwert, auch wenn ich nicht glaube, dass die Russen unter ihm so gemein sein würden, denn die wären sehr nette Menschen und machen sowas nach meiner Erfahrung nicht.

Und dann die Gaudi .. ich habe mir das ja so für diese neuen Nachbarn gewünscht, dass die Hausverwaltung anfängt, die Wohnung des verstorbenen Woldemar zu renovieren, und sie haben angefangen. Erst zwei Tage ... am Tag vor dem 1. Mai und am Samstag. Fein fein ... klar machen sie wie bei jeder Wohnungsrenovierung nun dort einen Höllenlärm. Wobei das für die neuen Nachbarn, da eine Etage unter ihnen und schräg nach rechts versetzt noch recht günstig gelegen ist. Wir kennen das ja viel schlimmer, dass über uns, neben uns, unter uns und auch schräg gegenüber gleichzeitig renoviert wurde und außerdem noch draußen die Platten neu befestigt und da auch ständig gebohrt wurde.

Oh wie furchtbar .. nachts dieser Lärm hier .. und dann morgens um sieben schon diese Bohrgeräusche von den Handwerkern.

Oh wie geil das doch ist ...ich hoffe, der wird wahnsinnig dabei und dreht durch, damit die Polizei kommen und ihn zur Ruhe bringen muss ... lach. So wie der drauf ist, rastet der früher oder später sicher aus, denn ich habe noch selten jemand kennengelernt, der so die Flöhe husten hört wie dieser Mensch.

Offensichtlich hat ihn das Jobcenter auch noch nicht wirklich in der Mangel gehabt ... aber wenn ich einem Menschen ein paar Erfahrungen mit Jobs wünsche, die man so vorgeschlagen bekommt, dann dem so feine Sachen wie Leiharbeit, Callcenter mit Nachtschicht natürlich .. Regale auffüllen im Supermarkt bis abends um 9, und zwar für beide, ihn und seine Frau .. und am besten so, dass einer Nachtschicht und der andere zeitversetzt dann Tagschicht hat und zwischendurch noch irgendwie das Kind versorgt werden muss, das ein Alter hat, wo das keinen Menschen interessiert, wie sie das durchziehen.

Und natürlich das alles für so wenig Kohle, dass er hier nicht raus kommt, sondern da bleiben muss.

Nachbarn, die ihn noch mögen, wird der in nur wenigen Wochen ganz sicher keine mehr haben, so wie der loslegt.

...
Ich habe heute übrigens bei unserem Mittagsnickerchen mal gelauscht, was man hier im Haus eigentlich so hört, wenn man denn so boshaft ist, es hören zu wollen.

Also man hört schon die Nachbarn reden, versteht zum Teil sogar, was sie sagen. Man hört Türen klappen .. vermutlich Schranktüren oder dergleichen ... Geräusche von Geräten, was Staubsauger, Fön, Waschmachine auch, Mixer vielleicht und so weiter sein könnten .. man hört auch Schritte und ab und zu Geräusche von draußen .. alle halbe Stunde den Zug zweimal vorbei rauschen, der ja nur ca. 100 m neben uns nach Kiel oder Plön fährt. Ab und zu hört man auch die Hunde der Nachbarn bellen .. aus dem Haus und ebenso von denen mit den Einfamilienhäusern und Gärten um uns herum.

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich außer in den ersten Wochen diese Bahn, die ja laut ist und ganz in der Nähe, von den anderen nachbarlichen Geräuschen nie was auch nur wahrgenommen habe.

Ich habe nur dann was wahrgenommen, wenn hier die Handwerker wirklich einen Höllenlärm gemacht haben, wenn hier einige Mieter ab und zu wirklich extrem laute Partys gefeiert haben, wo es auch oft Schlägereien gab, wenn meine Nachbarn direkt neben uns sich regelmäßig geprügelt und immer Gläser und Flaschen ins Treppenhaus geworfen haben und die Scherben  klirrend überall hin geflogen sind. Ab und zu höre ich einen der Russen über uns über seine Möbel fallen, wenn er sturzbetrunken ist und früher haben wir oft den Krankenwagen und die Polizei rufen müssen, wenn unser nun ja verstorbener Nachbar, der auch ein Alkoholproblem hatte, die Treppen runter gefallen ist oder laut brüllend versucht hat, die Türen der Nachbarn einzutreten oder einzuschlagen, weil er seine Freundin suchte, die gar nicht mehr hier wohnte oder früher, als sie noch hier wohnte, auch .. oft nichtmal an ihrer eigenen Tür, die er im Suff dann nicht mehr finden konnte. Der brauchte dann Hilfe und musste oft zur Entgiftung in die Klinik gebracht werden, damit er nicht an einer Alkoholvergiftung stirbt. Diesen Mann hat der neue Nachbar unter uns aber nie kennengelernt, denn der starb ja Anfang des Monats.

Und egal wie Woldemar war, wenn er zu viel getrunken hatte .. auch er fehlt hier irgendwie, weil er so oft am Fenster stand und freundlich winkte, wenn man nach Hause kam .. er war ja nicht immer so besoffen. Nun steht an diesem Fenster keiner mehr und winkt uns freundlich zu, weil er tot ist.

Wir alle hier haben schlimme Schicksale hinter uns, jeder einzelne, der in einer Ecke wie dieser hier wohnt.

Aber so jemand, der sich so haushoch über alle anderen stellt, ist mir hier bisher noch nicht begegnet.

Ich bin mir absolut sicher, der Mann wird bei so viel Hochmut noch richtig tief fallen und so leicht nicht wieder auf den Füßen landen. Der hat nämlich eine Mentalität, dass die Gosse, und zwar an unterster Stelle, für den vorprogrammiert ist .. und sich da einzuleben, wird noch viel schwerer werden, denn die Menschen, die im Obdachlosenasyl leben, die sind noch eine Ecke härter drauf als wir hier, wo es ja eigentlich in meinen Augen recht ruhig zugeht.

LG
Renate

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