Sonntag, 20. November 2016

Kein Umsatz ohne die entsprechende Kundschaft

Eine Anregung an die hohen Herrschaften von der Regierung und dem Großkapital

 Ich bin immer noch beim Thema Industrie 4.0 beziehungsweise der zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt und den praktischen Auswirkungen davon.
Ich gehe konform mit der Aussage, die neulich Obama und Merkel gemacht haben, dass es nicht möglich sein wird, die Globalisierung aufzuhalten. Jürgen und ich haben einen digitalen Job und genug Erfahrung damit um zu wissen, das wäre unmöglich, da von der Seite eines einzelnen Landes oder selbst sowas wie der Europäischen Gemeinschaft gegenanzugehen.

 Es ist lange her, dass ich mal in Spanien, weil es dort in unserem Urlaubshaus im Regal stand, von Brecht das Theaterstück "Die heilige Johanna der Schlachthöfe" gelesen haben. Die Quintessenz für mich daraus war eine andere als das, was ich heute in Wikipedia finden kann, nämlich die, dass die Großindustrie keine Umsätze machen kann, wenn sie nicht gewillt ist, den Arbeitern so viel Lohn zu zahlen und auch genug Arbeitsplätze anzubieten, damit die wiederum ihre Waren auch kaufen können.

 Sie können sich gegenseitig Umsatztaneile abringen, weil immer wieder einer mehr Technologie einsetzt als der andere, wodurch logischerweise aber auch immer mehr gut bezahlte Arbeitsplätze verlorengehen. Das klappt auch bis zu einem gewissen Punkt, aber das klappt irgendwann nicht mehr, denn selbst ein Unternehmen, das alle anderen platt gemacht hat, wird nichts mehr verkaufen können, wenn die Kunden kein Geld mehr haben, ihre Waren einzukaufen. Wer die Menschen in seiner Umgebung verhungern lässt, geht automatisch selbst pleite.

 Genau genommen ist das ganz einfache Evolutionsbiologie, die da abläuft. Auch in der Natur ist das so. Jemand, der anhand sehr einfacher Beispiele in der Natur sowas beschreibt, ist Richard Dawkins. Selbst ein Falke wird sterben, wenn er alle Tauben aufgefressen hat und vorher alle anderen Falken aus dem Weg geräumt hat. Das ist eine ganz einfache Logik.
Wiederum können auch zu viele friedliche Pflanzenfresser daran, sterben, weil es keine Raubtiere mehr gibt und sie sich zu stark vermehren und so ihre eigene Lebensgrundlage vernichten.

 Auch das ist Evolutionsbiologie.

Wir erleben das gerade in den arabischen Ländern, deren Lebensgrundlage bisher immer so ausgesehen hat, dass die Alten von den Kindern versorgt werden und wo nur viele Kinder eine Garantie dafür waren, dass die Alten später auch bis ins hohe Alter genug bekommen, wenn sie nicht mehr arbeiten können.
Es funktioniert dort nicht mehr und ist der Grund für die schlimmen Kriege und die Flüchtlingsflut von dort.

 Unser Kapitalismus ist aber auch dabei, sich selbst zu vernichten, weil immer mehr Reiche den Mittelstand verdrängt haben und sich weltweit gegenseitig Konkurrenz machen .. die Technologie immer weiter verbessern .. verbessern müssen, denn wer es nicht tut, geht pleite.

Das Prinzip ist das gleiche wie die sehr einfache Darstellung der konkurrierenden Fleischdosen-Fabrikanten in Brechts "Die heilige Johanna der Schlachthöfe".

 Als ich das Heft mit dem Theaterstück damals durchgelesen habe, das war lange vor der Zeit, in der wir jetzt leben. Mich sprach da eins so besonders an und hat mich den Inhalt dieses Theaterstücks auch nicht vergessen lassen, nämlich der Satz der Hauptdarstellerin, die in der Armenküche Essen verteilt, zu den Schwarzhüten gehört, also fromm und gottesfürchtig ist, aber auch versucht, mit einem der Firmenbosse zu reden.

 Man soll dem Ochsen nicht das Maul verbinden, der da drischt, sagt sie zu dem Fabrikanten.

Schaut mal oben .. lauter Neuwagen .. wer Autos verkaufen will, sollte dem Volk auch genug Geld lassen, sich einen Neuwagen leisten zu können .. oder ein Haus .. oder teure Kleidung .. Urlaubsreisen .. genug zu Essen und vieles mehr.

Nicht mehr und nicht weniger sagt dieser Spruch nämlich aus.

 Das Gebäude oben und links ist heute eine Berufsschule. Früher war da mal eine Fabrik, in der ich meine Ausbildung zur Industriekauffrau gemacht habe. Ich habe lange genug in diesem Beruf gearbeitet, um miterlebt zu haben, wie eine Firma nach der anderen auf dem deutschen Markt oder Weltmarkt untergegangen ist. In Preetz konnte man früher, als ich jung war, ohne Probleme so einen Ausbildungsplatz finden .. ich war gut in der Schule und konnte mir einfach einen aussuchen. Die Chefs der anderen Firman kamen zu mir nach Hause, um mich zu überreden, doch bei ihnen zu lernen.

 So war das noch 1969 .. und wie ist das heute?

Die Zeiten haben sich gewandelt, und zwar sowas von krass.
Der Spruch oben mit dem Ochsen, dem man nicht das Maul verbinden soll .. ich dachte immer, der ist von meiner Oma und Brecht muss sie gekannt haben .. sie haben ja beide mal im gleichen Ort gelebt, aber nicht zur gleichen Zeit .. wiederum war Oma, die das Theater liebte, oft in Berlin im Theater, weil das nicht weit weg war, Opas Mama auch in Berlin lebte und der Kontakt zu dieser Großstadt ja da war.
Diese Spruch stammt auch von meiner Oma, aber Brecht muss sie doch nicht gekannt haben, denn dieser Spruch stammt auch aus der Bibel und kommt dort sogar an mehreren Stellen immer wieder vor, weil er sogar in der Bibel immer wieder zitiert wird.

Meine Oma konnte die Bibel auswendig, denn sie war als Kind mit einer Pastorentochter gut befreundet. Oma konnte auch Goethes Faust auswendig, weil das Buch bei diesem Pastor im Regal stand und es so viele Bücher früher nicht gab .. und meine Oma hat gern und viel gelesen, vieles offensichtlich so oft, dass sie es auswendig gelernt hat dabei .. und zwar ganze Bücher von vorn bis hinten .. dazu gehörte auch die Bibel.

Ich hab Oma immer bewundert, wenn sie die Zeugen Jehovas an der Haustür mit ihren eigenen Bibelsprüchen auf's Glatteise führte .. wir waren ja evangelisch .. Oma hat jede dieser Diskussionen gewonnen und die sind dann enttäuscht wieder gegangen.

Also hat Oma, als sie dem Verwalter eines Gutes, der ihren Melkergehilfen das Milch trinken verbieten wollte, diesen Spruch vom Ochsen, dem man nicht beim Dreschen das Maul verbinden sollte, um die Ohren gehauen hat, was mir als Kind oft über sie erzählt worden ist, einfach nur einen ihr bekannten Bibelspruch zitiert.

Und Brecht tut das wahrscheinlich in seinem Theaterstück auch.

Nun gut ... dennoch haben beide recht.

Heute muss das aber alles noch ein wenig anders formuliert werden. Früher hat man sagen können, wer arbeitet, soll auch genug verdienen, denn nichts anderes sagt ja dieser Spruch aus.

Das war aber vor der Zeit, als die Technologie immer mehr Arbeitsplätze verschwinden ließ.

Heute muss das heißen, wer Umsatz machen will, wird das nur können, wenn es genug Menschen gibt, die noch in der Lage sind, die Waren auch bezahlen zu können.

Das wiederum ist ganz einfach zu verstehen. Das Gesetz von Angebot und Nachfrage regelt das.

Gewerkschaften werden heute nicht in der Lage sein, die Probleme zu lösen, die in Deutschland Industrie 4.0 oder weltweit die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt mit sich bringt.

Das wird aber der Markt regeln ... einfach über das Gesetz von Angebot und Nachfrage.

Und Nachfrage entsteht nur dann, wenn die Menschen auch genug Geld haben, um etwas kaufen zu können.

Also muss man es ihnen geben und wenn das durch Arbeit nicht mehr möglich ist, muss es anders passieren .. wie zum Beispiel über eine ausreichende Grundsicherung.

Das ist logisch.

LG
Renate

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